Ausschnitt aus der Bikernews
BIKERS NEWS 21.10.2011
Text: Lawman
100.000 Stiche
100.000 Stiche in den Rücken? Wir verraten euch, wie ihr die
bekommt
Wer als MC bei Udo Steinke Gebietsansprüche geltend machen
wollte, der müsste sich eine recht kleine Parzelle abstecken:
Für schätzungsweise über 300 MCs hat Steinke in den letzten 20
Jahren Patches und Colours in seiner Stickerei gefertigt. Egal
ob für lokale MC, Supporter oder große internationale Clubs –
hier treffen sie sich auf wenigen Quadratmetern. Der ehemalige
Bergmann, Musiker, Segelbootbauer und Katalogdesigner sitzt mit
Frau, Hund, Mopeds und seinen Stickmaschinen an der L736 im
Ruhrgebiet und beliefert von dort Clubs in ganz Deutschland.

Die Qualität der Vorlagen
Hauptproblem für die Stickereien ist die Qualität der
gelieferten Vorlagen. Nicht in jedem Club sitzen Grafikdesigner
mit Mopedführerschein. Anderen fehlen Kontakte oder das Geld,
professionelle Designer zu beschäftigen, oder sie geraten an
irgendwelche Möchtegernmichelangelos. Und wer tolle
Heckumbauten machen kann, der muss nicht fehlerfrei Adler und
Totenköpfe zeichnen können.
So kommen zu den Stickereien oft nur Fotokopien,
Bleistiftzeichnungen oder Dateien mit nur wenigen Kilobit, auf
denen der Sticker mehr ahnen muss als er sehen kann. „Das hält
natürlich auf“, so Steinke. „Dann muss man über die
verschiedenen technischen Möglichkeiten reden und eine Lösung
suchen.“
Natürlich könnte jeder bei ihm oder anderen Stickereien Colours
bestellen – aber während bei großen Marken wie Harley-Davidson
die Anwälte streng darüber wachen, wer ihr Logo oder ihren
Schriftzug nutzt, greifen in der Szene die ungeschriebenen
Gesetze. „Bei mir sind es in der Regel die Präsidenten oder
Vizepräsidenten der Clubs, die den Bestellvorgang für die Clubs
abwickeln,“ so Steinke. „Und wenn uns eine Bestellung komisch
vorkommt, dann fragen wir bei der Clubführung nach.“ Er
respektiert die Regeln – schließlich ist er selbst in der Szene
unterwegs. Und so muss dann auch die BIKERS NEWS artig warten,
bis der Secretary der Red Lions aus Südtirol telefonisch sein
Okay gibt. Denn die Colours seines Clubs waren gerade in der
Produktion, als wir mit der Kamera anrückten
So sieht eine vernünftige Vorlage aus
So sieht das Ergebnis einer schlechten Punchdatei aus
Die Punchdatei war ordentlich, das Ergebnis ist perfekt
Deutsche Wertarbeit für Südtirol
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Ausschnitt aus
der Tageszeitung Hellweger Anzeiger vom 15.2.2019

Ausschnitt aus dem Bikermagazin Custombike vom
Februar 2019

Wer also demnächst als Member der Red Lions Südtirol unterwegs
ist, der hat allein im Mittelteil seines Colours künftig neun
Farben verteilt auf 774 Meter Garn auf dem Rücken. Verarbeitet
in 114.877 einzelnen Maschinenstichen.
Vor dem Sticken wird die Vorlage für die Maschinen aufbereitet.
Jeder einzelne Nadelstich muss exakt festgelegt werden. Diesen
Vorgang nennt man „Punchen“. Die Punchdatei wird von den
Stickereien oft zu Preisen zwischen 100 und 200 Euro angeboten.
Das klingt nach viel – ist aber keineswegs kostendeckend für den
Produzenten, denn an einer guten Datei sitzt der Experte schon
mal 10 oder 20 Stunden. Deshalb müssen die Kunden zwar für die
Datei eine Art Schutzgebühr bezahlen, bekommen sie aber dennoch
in der Regel nicht ausgehändigt. Sie verbleibt in der Stickerei,
die dann im Laufe der Jahre immer wieder von dieser Datei
Nachbestellungen ausführen kann.
Bei Auftragserteilung sollte also – am besten schriftlich –
darauf hingewiesen werden, dass man die Punchdatei anschließend
fürs Clubarchiv ausgehändigt haben möchte, wenn man sich nicht
länger an eine Stickerei binden will. Der Vorteil: Man sucht
sich die preiswerteste Stickerei, die dann sogar noch günstiger
anbieten kann, weil sie den enormen Arbeitsaufwand der
Punchdatei nicht auf die Stückzahl der Colours und Patches
umlegen muss. Der Nachteil: Die Punchdatei wird aus dem gleichen
Grund deutlich teurer.
Fair ist es beispielsweise für beide Seiten – Kunde und
Stickerei –, wenn die Firma den Hauptanteil der benötigten Menge
herstellen darf und anschließend die Datei freigibt.…
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